Teil 1: „Ich kann mein Kind schon riechen …“

… sagt die Klientin, als sie mir ihren Traum erzählt. Der kommt ihr plötzlich in den Sinn, als ich die Anfangspunkte ihrer Nierenmeridiane sanft klopfe, Niere 1, „yǒng quán“ – „Sprudelnde Quelle“. Dieser Punkt löst Erstarrung. Doch da sind wir schon mitten im Geschehen. Beginnen wir am Anfang.

Daniela B. ist vierzig und versucht seit sechs Jahren, ein Kind zu bekommen. Sechs Jahre Qual, sechs Jahre Achterbahnfahrt zwischen Hoffnung und Verzweiflung, sechs Jahre im Strudel der modernen Reproduktions-Medizin. Vier Operationen, Hormonbehandlungen, eine Eileiter-Schwangerschaft, die mit Medikamenten abgebrochen werden mußte. Sechs Jahre Sex nur als Mittel zum Zweck, Sex mit Schmerzen, Sex ohne Freude, ohne Lust, ohne Sinn.

„Wozu Sex, wenn ich eh nicht schwanger werde und es mir auch noch weh tut!?“

Der Blick der Klientin sagt mehr als ihre Worte. Ein unerfüllter Kinderwunsch ist eine extreme Belastung für ein Paar. Viele Paare zerbrechen daran.

30. März 2022 – Das Nest ist bereitet

Bei mir ist Frau B. auf Empfehlung ihrer Therapeutin, die sie psychologisch begleitet auf ihrer steinigen Reise zum eigenen Kind. Der Anlaß: ein Transfer vor ein paar Tagen. Soll heißen: Zwei außerhalb ihres Körpers befruchtete Eizellen, die tiefgefroren waren, wurden Frau B. in die Gebärmutter eingesetzt und sollen sich dort nun einnisten.

Der behandelnde Arzt sagte beim Transfer zu Frau B., die Wahrscheinlichkeit, daß das zum Erfolge führe, liege nur bei 10 Prozent. Ich zucke zusammen. Lernen Ärzte immer noch nichts über die Wirkung von Worten auf das Seelenleben ihrer Patienten!? frage ich mich. Genausogut hätte der Arzt sagen könnnen: „Frau B., eigentlich ist es sinnlos, die ganze Aktion bringt wahrscheinlich nichts, aber ich mache es trotzdem, weil mir nichts Besseres einfällt“. Die tiefe Verunsicherung, in die diese „wissenschaftlich korrekte“ Aussage ihres Arztes die Klientin gestürzt hat, ist mit Händen zu greifen.

Wir wissen aus der Psychoneuroimmunologie und der Placebo-Forschung schon lange, daß Informationen direkte physiologische Auswirkungen haben (z.B. Hormonausschüttungen). Gedanken und Sätze können krank machen – und sie können gesund machen. (Wie ein einziger Satz eines Arztes einen jungen Mann jahrzehntelang daran hinderte, sein Bein abzubiegen, lesen Sie in meiner Fallgeschichte dazu.)

Nun soll also eine befruchtete Eizelle die Gebärmutter von Frau B. in ihr Nest verwandeln, in dem sie sich wohl und geborgen fühlt und zu wachsen beginnt. So weit die physiologische/materielle Dimension des Ganzen. Bei mir – in der Kinesiologie – geht es um die energetische Dimension, genauer gesagt um die energetische Kompatibilität. Was ist damit gemeint?

Sind Eizelle und Gebärmutter energetisch kompatibel?

Energetische Kompatibilität spielt nicht nur bei der Schwangerschaft eine Rolle, sie ist generell ein entscheidender Faktor für unsere Gesundheit. Wenn unser Energiesystem gestreßt ist, kann es Substanzen aller Art nicht richtig einordnen. Das können Nahrungsmittel, Medikamente, Putzmittel oder Körperpflegemittel sein – und eben auch Spermien und befruchtete Eizellen.

Das Durcheinander in der Einordnung führt zu Fehlreaktionen unseres Systems (mit „System“ ist in der Kinesiologie die dynamische Triade aus Körper, Seele und Geist gemeint):

  1. Etwas Nützliches und Wohltuendes wird als schädlich eingestuft.
  2. Etwas Schädliches wird als nützlich und zuträglich eingestuft.

Beide Fälle gefährden unsere Gesundheit. Wenn Schädliches als Nützliches bewertet wird, versucht der Körper, möglichst viel davon aufzunehmen – auch wenn es ihm schadet. Stuft unser Körper Nützliches als schädlich ein, erhält das Nützliche keinen Zugang und wird möglichst schnell wieder ausgeschieden, obwohl es dringend benötigt wird.

Für Frau B. bedeutet das: Sind die befruchtete Eizelle und ihre Gebärmutter energetisch nicht kompatibel, wird das Ei sich nicht in der Gebärmutter einnisten. Da kann die Gebärmutter auf der hormonellen Ebene noch so gut vorbereitet sein.

Aus „Frostis“ soll warmes Leben wachsen

Frau B. macht es sich auf der Behandlungsliege bequem. Die Klärungstest haben wir schon erledigt. Dabei mache ich mich mit dem Energiesystem der Klientin vertraut und gleiche schnell und einfach Dysbalancen aus, die den weiteren Prozeß stören könnten. Man kann sich das wie das Warmmachen vor dem Sport vorstellen oder wie das Eichen eines Meßgerätes.

Ich frage die Klientin, ob sie einen Namen für die beiden eingesetzten befruchteten Eizellen hat. Wie aus der Pistole geschossen antwortet sie: „Das sind die Frostis!“ – Wieder zucke ich innerlich zusammen. Ein Kälteschmerz, wie wenn ich mir aus Versehen eine große Portion Eis an die Schneidezähne ramme, schießt mir durch den Körper. „Das ist heftig“, denke ich, „die arme Gebärmutter …“

Ich bitte die Klienten, sich aus meinem Fächer farbiger kleiner Papierkarten eine auszusuchen. Sie wählt hellblau. Eisig wie ein klarer Januarhimmel bei zweistelligen Minusgraden. Ich fröstle. Frau B. schreibt „Frostis“ auf die Karte – mit einem kleinen Herzchen dahinter. (Sie sehen die Karte am Anfang dieses Beitrags.)

Danach prüfe ich mittels Muskeltest und dem Berühren bestimmter Punkte am Körper die energetische Kompatibilität von befruchteten Eizellen und Gebärmutter. Die Frostis-Karte liegt dabei als Stellvertreter für die geteste Substanz zwei Daumenbreit unterhalb des Bauchnabels. Ergebnis: Die Gebärmutter „erkennt“ die Eizellen nicht als solche. Sie wird diese sich also nicht einnisten lassen! Das Einsetzen wäre – wieder einmal – vergeblich. Wieder vergeblich alles über sich ergehen lassen, wieder vergeblich gehofft und gebangt.

Doch die Klientin und ich arbeiten ja zusammen, um diese Vergeblichkeits-Kette zu unterbrechen. Also korrigieren wir nun die Inkompatibilität, und zwar über das Meridian-System. Daniela B. und ich klopfen abwechselnd die Anfangs- und Endpunkte von vier Meridianen – sie klopft am Kopf und am Oberkörper, ich an den Füßen. Immer mit der Frostis-Karte auf ihrem Unterbauch. Wir klopfen sanft und achten auf das, was sich verändert währenddessen. Und das ist viel. Sehr viel!

Erst Kälteschock – dann Wärmewelle

Daniela B. hat noch keine halbe Minute geklopft, da sagt sie besorgt: „Ich krieg ganz kalte Füße und Hände!“ Ich sage nichts dazu, lasse die Klientin den Anfang des Blasenmeridians am Auge weiterklopfen. Der Punkt Blase 1 heißt „jīng míng“ – „Klare Augen“. Über ihn wird gefrorenes Wasser wieder in Zirkulation gebracht und der innere Dauerwinter überwunden. Das führt zu einer Stimmungsaufhellung, die Augen strahlen wieder klar, die Klientin kann dann dort, wo sie bisher nur Stagnation und Isolation gesehen hat, die Dinge wieder in einem hellen Licht sehen.

Zunächst macht die Lösung der langen Erstarrung der Klientin ihr gefrorenes Inneres noch stärker bewußt, und sie nimmt die Eiseskälte in sich ganz intensiv wahr:

„Ich erfriere!“

ruft sie und nimmt die eisblaue Karte von ihrem Bauch. „Geben Sie mir eine rosa Karte!“, bittet sie mich. Die bekommt sie sofort. „Und einen Stift bitte. Ich will den Namen meiner Tochter draufschreiben! Valerie soll sie heißen.“

Sie schreibt – und ich jubiliere innerlich, denn damit ist das Eis gebrochen. Nicht von mir! Ich habe der Klientin nicht nahegelegt, sich zu überlegen, wie die Bezeichnung „Frostis“ auf ihr System wirken könnte. Ich hätte Sie fragen können: „Wenn Ihre Gebärmutter reden könnte, was würde sie dazu sagen, daß ‚Frostis’ in ihr zu einem lebendig-warmen Kind heranwachsen sollen?“

Das Wunder

Solche „Tricks“, um in der Klientin eine positive Veränderung in Gang zu bringen, sind nicht nötig. Die Energie des Meridianpunkts Blase 1 vollbringt in Verbindung mit der äußerst feinen Selbstwahrnehmung der Klientin das Wunder.

Ja, Wunder. „In jeder Sitzung kann ein Wunder geschehen“ ist ein kinesiologischer Grundsatz. Wenn man das Wunder denn geschehen läßt. Heute ist es geschehen. Gemeint ist damit, daß an die Stelle von meist lange währender Erstarrung und Blockade – und zwar mit allen metaphorischen Bedeutungen – ein freies, geschmeidiges Fließen tritt – kurzum: Lebendigkeit. Das ist gerade beim Thema Kinderwunsch wichtig. Denn nur wo Lebendigkeit ist, kann neues Leben entstehen.

Die Klientin befreit sich selbst aus ihrem kalten Gefängnis. Sie ist nicht mehr den Mühlen der Reproduktionsmedizin ausgeliefert, wo sie nur ohnmächtiges Objekt von Maßnahmen anderer ist. Sie ermächtigt sich nun selbst, Mutter zu werden, ein Kind in sich wachsen zu lassen.

Daniela B. hat jetzt einen roten Kopf, ihr wird heiß. Nun hat sie den Zustand, den Menschen beim Zeugen eines Kindes normalerweise haben: lustvolle, wohlige, beglückende Hitze. Die „Frostis“ sind Geschichte – Valerie ist da. Das Kind hat einen Namen.

„Ich hatte einen Traum“

Wir sind nun beim Nierenmeridian, ich klopfe Niere 1 an der Fußsohle: „yǒng quán“ – „Sprudelnde Quelle“. Dieser Punkt löst Erstarrung wie eine sprudelnde Quelle, der Mensch wird zu einem Neubeginn angeregt, indem vergiftende Gefühle und ständige Zweifel an sich selbst weggewaschen werden. Das sagt das Lehrbuch zu diesem Energiepunkt.

Das Lehrbuch hat recht. Ich klopfe nicht mal eine Minute, da sprudelt die Klientin los: „Ich hab geträumt vorgestern. Zum ersten mal in sechs Jahren hab ich von meinem Kind geträumt!“ Ihre Augen leuchten, ihre Stimme ist gleichermaßen zärtlich wie entschlossen.

„Ich halte meine Tochter in den Armen, drücke sie an mich. Sie hat braune Haare, diese weichen flauschigen Babyhaare. Und ich kann sie riechen! Sie riecht so gut!“

Welch herrliche Kraft eines Traumes! Nun ist ihr Kind keine Abstraktion mehr. Frau B. sieht es, hört es, spürt es – und vor allem riecht sie es. Der direkteste, am wenigsten vom Verstand kontrollierbare Sinneskanal ist von der Nieren-Energie freigesprudelt worden.

Die Verwandlung

Es geht weiter mit dem Magenmeridian. Er beginnt unterhalb der Augen mit dem Punkt „chéng qì“ – „Tränenbehälter / Empfange die Tränen“. Hier geht es darum, auf Geschehnisse zu blicken, die verdaut werden müssen, aber unverdaubar erscheinen. Läuft der „Tränenbehälter“ von Magen 1 über, tritt unverdautes psychisches Material ins Bewußtsein und der Mensch öffnet sich, um Mitgefühl zu empfangen, das ihm die psychische Verdauung möglich macht.

Frau B. klopft Magen 1, und auch hier geschieht, was im besten Fall geschehen sollte. Frau B. beginnt im Plauderton mit mir über Dinge zu sprechen, bei denen sie noch wenige Minuten vorher einen Kloß im Hals hatte und gestreßt kurzatmig wurde. Keine Spur mehr von Selbstzweifeln, Scham- und Schuldgefühlen und gnadenloser Selbstabwertung, keine richtige Frau zu sein, weil sie nicht schwanger wird. Eine schöne, selbstbewußte Frau mit strahlenden Augen liegt vor mir auf der Liege und genießt es, sich zu spüren. Der Streß ist raus!

Nun muß Frau B. auf die Toilette. Sie hat viel Wasser getrunken während wir arbeiteten. Die Kinesiologie läßt sich – in Anlehnung an Freuds Bezeichnung „Redekur“ für die Psychoanalyse – als „Wasserkur“ bezeichnen. In einer kinesiologischen Sitzung spielt Wasser eine zentrale Rolle. Schon bei den Klärungs-Tests zu Beginn einer Sitzung teste ich den „Wasserspiegel“ eines Klienten.

Man kann viele Jahre in eine Psychotherapie gehen, ohne auch nur einmal ein Glas Wasser angeboten zu bekommen. Das ist in der Kinesiologie undenkbar. Denn wenn der Prozeß ins Stocken kommt, ist Wasser das erste Mittel der Wahl – für den Klienten und den Kinesiologen. Ein Schluck genügt oft schon, damit das bearbeitete Thema wieder in Fluß kommt und man weiterarbeiten kann. Wasser ist Leben.

Als die Klientin zurückkommt, teilt sie mir freudig erregt ihr Erstaunen mit, das der Blick in den Spiegel bei ihr ausgelöst hat:

„Ich seh ja so frisch und strahlend aus wie lange nicht mehr!“

Ich nicke: „Ja, Sie sind eine andere als vorher, denn sie sind nicht mehr allein – Valerie ist in ihnen angekommen.“

Die große Umarmung

Schließlich aktivieren wir noch den Milz-Pankreas-Meridian. Er gehört zur Wandlungsphase Erde, ist also Teil der Mitte. Die wird jetzt gestärkt. Zuerst über den Punkt Milz-Pankreas 1, „yǐn bái“ – „Verborgene Klarheit, verborgener Glanz“. Das diffuse Gefühl eines vernebelten Kopfes wird ersetzt durch Klarheit des Denkens und Konzentrationsfähigkeit.

Den Abschluß bildet der Endpunkt des Milz-Pankreas-Meridians: „dà bāo“ – „Große Umarmung, großes Umfangen“. Die Klientin klopft selbst. Ich zeige ihr nur die Lage des Punktes – für mehr braucht sie mich nicht mehr. Die „große Umarmung“ stellt eine Balance zwischen Peripherie und Zentrum her, man hat gelernt, für sich selbst zu sorgen, so daß man aus der Fülle geben und andere nähren kann.

Das chinesische „bāo“ hat viele Bedeutungen: Paket, Knospe, hoher Kochtopf, umwickeln, auf kleiner Flamme kochen, einpacken, üppig gedeihen. Alles Umschreibungen für die Gebärmutter, in der eingewickelt eine Kind-Knospe auf kleiner Flamme gekocht wird und üppig gedeiht, bis sie gar ist. Was könnte passender sein für Frau B.s Thema?

Die kinesiologische Balance der energetischen Inkompatibilität ist damit vollendet. Ich teste nach – und nun gibt mir der Indikatormuskel das klare Signal: „Jetzt paßt es. Eizellen und Gebärmutter sind kompatibel“. Nun kann eine Eizelle sich einnisten und zu einem Kind wachsen.

Wenige Tage später …

6. April 2022: Heute erreicht mich die frohe Botschaft: Die Eizelle hat sich eingenistet! Der Schwangerschaftswert HCG ist gut und zeitgerecht. Die Freude bei Frau B. ist riesig – und zugleich bremst sie sich ein nach so vielen Jahren des vergeblichen Hoffens: „Unsere Freude ist noch zurückhaltend, weil es noch sehr früh ist. Aber wir hoffen und beten, daß sich alles gut entwickelt.“

Meine Antwort an Frau B.: „Beten ist gut. Zudem sollten Sie mit Valerie reden, immer wieder in Kontakt mit ihr gehen, damit sie spürt, daß sie willkommen ist.“ Zudem empfehle ich ihr die DVD „Wie wir werden, was wir sind. Eltern sind wichtiger als Gene – wie unser Bewußtsein das Wesen unserer Kinder bestimmt“ des amerikanischen Zellbiologen und Experten für prä- und perinatale Entwicklung Dr. Bruce Lipton. Lipton zeigt eindrücklich, wie Überzeugungen und Emotionen der Eltern sich auf die genetische Entwicklung des Kindes auswirken.

Die Reise geht weiter

Ich werde Frau B. und ihre Tochter Valerie bis zur Geburt kinesiologisch begleiten und die entscheidenden Entwicklungs-Schritte hier festhalten. Bis es soweit ist – und auch ich die kleine Valerie halten und riechen kann …